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Gewaltiges Seewärme-Potenzial nachhaltig erschliessen

Seewärme weckt Aufbruchstimmung und gibt Anlass zu Fragen. Das wurde an einem Informationsabend in Romanshorn deutlich. Doch mehrheitlich wird der Investitionsmut der Stadt begrüsst und unterstützt.

«Romanshorn ist ein attraktiver Standort für einen Seewasser-Wärmeverbund», sagte Stadtpräsident Roger Martin am Informationsanlass vom Donnerstagabend, 16. Mai 2024, in der Aula der Kantonsschule Romanshorn. Er und verschiedene Fachleute setzen sich aus persönlicher Überzeugung dafür ein.

Hintergrund der Informationsveranstaltung ist die Volksabstimmung vom 9. Juni 2024: Dann stimmt die Romanshorner Bevölkerung über einen Kredit von zwei Millionen Franken für die Projektierung eines Seewasser-Wärmeverbunds ab. Er soll Detailabklärungen für die Wärme- und Kälteversorgung der Stadt mit erneuerbarer Energie aus dem Bodensee ermöglichen.

Anregende Gruppengespräche
In äusserst lebendigen und konstruktiven Gruppengesprächen mit den Fachleuten konnten viele Lösungsansätze diskutiert werden. Trotz einiger offener Fragen der rund 40 Teilnehmenden wurde deutlich: Die Chancen, dass die Bevölkerung dahintersteht, sind intakt, zumal sich dieses Generationenprojekt langfristig rechnen dürfte.

Genau deshalb lohne es sich, so Roger Martin, genauere Abklärungen zu treffen, um das Optimum herauszuholen. «Und natürlich ist der Erfolg davon abhängig, dass wir gute Kundinnen und Kunden gewinnen. Wer heute noch nicht interessiert ist, braucht möglicherweise in zehn, zwanzig Jahren eine Lösung.»

"CO2-Einsparungen in der Grössenordnung von 2000 Diesel-Personenwagen": Seewärme-Experte Nikos Karathanasis. Bilder: Stadt Romanshorn

Stromnetz stabilisieren
Nebst Stadtpräsident Roger Martin und Seewärme-Experte Nikos Karathanasis informierten auch zwei Mitglieder des unabhängigen, befürwortenden Komitees über das Projekt und beantworteten Fragen aus dem Publikum: Alex Itten und Andreas Szalatnay.

Alex Itten kennt die Möglichkeiten aufgrund seiner langjährigen beruflichen Erfahrung: «Mich interessiert es vor allem, wie wir Energie sparen können.» Er verglich das System der Seewasser-Nutzung mit dem Prinzip eines Kühlschrankes und betonte: «Seewärme kann genau dann unser Stromnetz zu stabilisieren, wenn es im Winter einmal sehr kalt ist.»

Seewasser zu nutzen sei sinnvoll wegen der konstanten Temperatur. Wärmepumpen mit Seewasser arbeiten laut Itten mit einem viel besseren Wärmenutzungsgrad als Luftwärmepumpen. Damit könne man rund 40 Prozent des Stromes einsparen, gerade wenn in langen Winternächten alle heizen wollten. Genau deshalb stehe auch die Arbeitgebervereinigung hinter dem Projekt.

Wasser zum Heizen und Kühlen
Der unabhängige Energieberater Andreas Szalatnay gilt als Pionier der Seewasser-Nutzung für Heiz- und Kühlzwecke und berichtete über erfolgreiche grössere Firmen-, Wohn- und Schulprojekte, die in Romanshorn bereits realisiert werden konnten. Was viele oft nicht nachvollziehen können, ist für ihn sonnenklar: «Wasser hat einen hohen Energiegehalt, und zwar temperaturunabhängig zwischen 0 und 100 Grad.»

Damit könne die Stadt von einem gewaltigen Potenzial profitieren. Ein Grossteil des Heiz- aber auch des Kühlbedarfs der dereinst angeschlossenen Liegenschaften könne dank dem geplanten Seewasser-Wärmeverbund gedeckt werden. «So stärken wir unsere Eigenversorgung mit Wärme und Kälte, ohne den See als Trinkwasserspeicher und Naturparadies im grossen Stil zu beeinflussen.»

Grössere Abnahmemengen nötig
Roger Martin wies darauf hin, dass derzeit noch über drei Viertel der Gebäude mit Öl oder Gas beheizt würden. Das Konzept sehe vor, dass mit dem geplanten Seewasser-Wärmeverbund nach und nach weitere Ausbauschritte immer weiter weg vom See möglich werden. Es brauche jedoch eine gewisse Abnahmemenge an Wasser, damit die Realisierung für Liegenschaften oder Quartiere wirtschaftlich sein könne, ergänzte Nikos Karathanasis.

"Das Stromsparpotenzial liegt bei rund 40 Prozent, deshalb steht auch die Arbeitgebervereinigung hinter dem Projekt": Alex Itten, Mitglied Komitee Seewärme.

Romatherm gegründet
Roger Martin verkündete am Informationsanlass die Neuigkeit, dass diesen Mai jene Firma offiziell im Handelsregister eingetragen wurde, die dereinst detaillierte technische Umsetzungsmöglichkeiten des Wärmeverbundes erarbeiten könnte. Dieses neue Energieunternehmen ist die Romatherm AG, die zu 100 Prozent im Besitz und damit unter dem Einfluss der Stadt Romanshorn ist. Sie sei deshalb schon gegründet worden, damit im Falle der Zustimmung zum Projektierungskredit am 9. Juni keine wertvolle Zeit verloren gehe.

Der Name Romatherm schliesse ein, dass das Seewasser insbesondere für Romanshorn genutzt werden würde. Martin wagte auch einen Ausblick: «Läuft alles nach Plan, könnte im Jahr 2025 über das Gesamtprojekt abgestimmt werden. Bei einem positiven Volksentscheid wären erste Wärmelieferungen ab 2027 realistisch.»

Lebensraum See wird nicht gestört
Nikos Karathanasis als Geschäftsführer der Romatherm AG betonte, dass die thermische Nutzung zulässig und konzessionsfähig sei. Er hat langjährige Erfahrung in der Energiebranche und begleitet als Fachmann Projekte wie den Seewasser-Wärmeverbund Romanshorn. Karathanasis erklärte, wie die Energie aus dem See – sehr vereinfacht gesagt – über einen Wärmetauscher für die Nutzung zum Kühlen und Heizen verwendet werden kann. Karathanasis rechnete vor, dass die Kosten für die Endnutzung vergleichbar seien mit anderen Systemen.

Ausserdem könnten CO2-Emissionen in der Grössenordnung von rund 2000 Diesel-Personenwagen eingespart werden. Der Bodensee als Entnahmequelle und Lebensraum werde nachhaltig genutzt, wobei beispielsweise die Anforderungen der internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee eingehalten würden: «Die Wassertemperatur im See und die natürlich vorhandene Temperaturschichtung dürfen nicht gestört werden.»

"Eigenversorgung mit Wärme und Kälte stärken, ohne den See im grossen Stil zu beeinflussen": Andreas Szalatnay, unabhängiger Energieberater und Mitglied des Komitees Seewärme.

Grundlagen für Gesamtprojekt
Deshalb sei es wichtig, dass am 9. Juni mit der Genehmigung des Projektierungskredits von zwei Millionen Franken gute Grundlagen für das Gesamtprojekt erarbeitet werden können. Das Gesamtprojekt dürfte rund 30 Millionen Franken kosten, wobei es letztlich von den Nutzenden über den Bezug der Heiz- oder Kältenergie langfristig finanziert werden könne.

Das Geld des Projektierungskredits sei eine Anschubfinanzierung der Stadt, betonte Roger Martin. Er sei zuversichtlich, dass sich diese Investition lohne und langfristig wirtschaftlich sei.

Positives Stimmungsbild eingefangen
Ganz zum Schluss wollte Roger Martin den Puls spüren und fragte, ob man eher für einen derartigen Wärmeverbund sei oder eher skeptisch sei – mit positivem Ausgang: Das Verhältnis der JA-Stimmen zu den eher skeptischen Stimmen betrug 10:1.

Illustration der Seethermie Romanshorn.

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Nächster Informationsabend am 31. Mai 2024

Am Freitag, 31. Mai 2024, findet um 20 Uhr im Museum am Hafen (altes Zollhaus) ein weiterer öffentlicher Informationsabend über den geplanten Seewasser-Wärmeverbund Romanshorn und über den Projektierungskredit vom 9. Juni 2024 statt.

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Weitere Informationen online

Umfassende Informationen zur Seewärme, die Abstimmungsbotschaft und der Link zur Romatherm AG: www.romanshorn.ch/seewaerme

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Die Romanshorner Seethermie ist auch auf Social Media aktiv:

www.facebook.com/seewaermeverbundromanshorn
www.instagram.com/seewaermeverbundromanshorn

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Medienmeldungen zur Seethermie:


Komitee unterstützt Seewärme
Der geplante Seewasser-Wärmeverbund Romanshorn erhält breite Unterstützung: Anfang Mai 2024 gründete sich das neunköpfige «Komitee Seewärme».
www.romanshorn.ch/service/aktuell.html/203/news/3946

Heizen wir bald mit Seewärme?
Am 9. Juni 2024 stimmt die Romanshorner Bevölkerung über einen Kredit von zwei Millionen Franken für die Projektierung eines Seewasser-Wärmeverbunds ab. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
www.romanshorn.ch/service/aktuell.html/203/news/3928

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